ALLE KONZERTE IN DEINER STADT

Wir sind absolut keine Studioband
Wir sind absolut keine Studioband

Die Duisburger Instrumental-Band Kokomo spielt am bergmal Festival zum ersten Mal in der Schweiz - Gitarrist René erzählt uns, wieso ihr Sound eine soziale Angelegenheit ist, und was ihre Songs mit Bill Murray zu tun haben. Von Daniela Bär

Seit den Beach Boys hat Kokomo in der Musikgeschichte einen Platz als Ort, wo man hingeht „to get away from it all“ und wo man den Tag langsam angehen lässt - wie seid ihr auf euren Namen gekommen?

Der Name entspringt dem Buch «Torture the artist» von Joey Goebel. Am besten einfach lesen!

 

«Monochrome Noise Love», euer letztes Album, beginnt mit der Aufforderung „Wake up!“ - der Sound pendelt zwischen mäanderndem Tagträumen und hellwacher Ergriffenheit. Wie habt ihr es geschafft, zugleich leichter zu werden und an Tiefe zu gewinnen?

Bevor wir damals angefangen haben, Lieder für eine neue Platte zu schreiben, hatten wir uns vorgenommen, dass das neue Album eine Art Konzeptalbum werden solle. Es gab bestimmte Themen und Ideen, die wir aufgreifen und in einem stringenten Aufbau der Platte umsetzen wollten. Uns wurde dann aber schnell klar, dass wir so nicht arbeiten konnten. Kokomo hat nie über Zwang oder feste Strukturen funktioniert. Wir haben einfach immer das gemacht, worauf wir Lust hatten, und so war es dann auch bei «Monochrome Noise Love». Wir haben die Idee mit dem Konzept fallen gelassen und einfach Lieder geschrieben, die sich aus Inspirationen oder Stimmungen entwickelt haben - das brachte uns die notwendige Leichtigkeit. Gleichzeitig konnten wir uns so auch viel intensiver mit den einzelnen Stücken beschäftigen und mehr in die Tiefe gehen.

 

Post-Rock wird oft als Brechen mit klassischen Rock-Strukturen beschrieben - ist eure Musik eine Entscheidung oder eine Entwicklung?

Ich weiss ehrlich gesagt gar nicht so genau, was Post-Rock sein soll. Wir bezeichnen uns als Instrumental-Band. In manchen Liedern macht es durchaus Sinn, altbewährte Strukturen aus der Rockmusik zu verwenden; wir haben auch Lieder mit Refrain und Strophe. Dann wiederum gibt es Songs, die Stimmungen erzeugen sollen, die diese Strukturen nicht zulassen. Dass wir nicht singen, war damals eine bewusste Entscheidung, um Lieder anders entstehen und für die Zuhörer einen Raum für Interpretationen zu lassen.

 

Eure Songs heissen «Jüngling mit Apfel», «I’m Bill Murray» oder «Deathmaster Danger Dance» - sind auch diese Titel ein Ablehnen von vorgekauten Bedeutungen?

Wir haben gerne eine Nachricht oder eine geheime Bedeutung in unseren Songtiteln. Es gibt einige mehr oder weniger versteckte Hinweise auf Ideen, hinter denen wir stehen, oder Dinge, die wir lieben. Auf unserer ersten Platte zum Beispiel ist jeder Song nach Achterbahnen benannt, und wir haben auf jeder Platte einen Verweis auf Wes Anderson. Die Titel unserer Songs haben aber meist nichts mit den eigentlichen Songs zu tun und sind komplett austauschbar. Wir versuchen einfach das, was wir in den Songs und Titeln spüren, zusammenzufügen.

 

Was reizt euch an Wes Anderson?

Eigentlich passt unsere Musik ja nicht wirklich zu einem Wes-Anderson- Film, aber vielleicht liegt genau hier die Herausforderung. Allerdings hätte ich persönlich viel zu großen Respekt davor: Seine Filme sind immer bis aufs kleinste Detail durchdacht, das würde mich viel zu sehr einschüchtern. Generell hätte ich aber schon mal Lust darauf, einen Film zu vertonen.

 

Ihr beschreibt Musik generell als ein soziales Produkt, aber auch sozial produktiv - wie zeigt sich dies in eurer eigenen Band?

In den meisten Bands ist es doch so, dass man erst gemeinsam mit Freunden Musik macht, und sich daraus dann etwas Ernstes entwickelt. Uns ist zudem sehr wichtig, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die wir persönlich schätzen. Wenn wir auf Tour gehen, fragen wir zum Beispiel immer erst Freunde und Bekannte, mit denen wir schon seit Jahren Konzerte machen.

 

Am diesjährigen bergmal Festival spielt ihr zum ersten Mal in der Schweiz.

Für mich ist es schwer vorzustellen, dass Menschen zuhause sitzen und Kokomo hören. Bei Konzerten merke ich, dass es Menschen gibt, die sich mit unserer Musik auseinandersetzen. Und schließlich geht es ja genau darum - egal, ob wir für sechs oder sechshundert Personen spielen. Natürlich spielt auch eine Rolle, dass wir unsere Musik auch über Lautstärke und Emotionen definieren. Aber es ist eben gerade der soziale Aspekt, der uns als Band so antreibt.

 

Ihr definiert euch als Live-Band. Was passiert bei euch während euren Auftritten?

Wir möchten mit unserer Musik in Kontakt treten, Menschen kennenlernen, Zeit miteinander verbringen. Wir sind absolut keine Studioband, die Lieder schreibt, aufnimmt und veröffentlicht - wir wollen unsere Musik bei Konzerten spielen, Reaktionen darauf bekommen und Lieder auch sich auf der Bühne weiterentwickeln lassen. Das ist neben der Selbstverwirklichung unser stärkster Antrieb!

 

«Monochrome Noise Love» wurde 2016 veröffentlich. Am 28.10.2017 spielen Kokomo im Rahmen vom bergmal Festival ihr erstes Schweizer Konzert (Vorverkauf via Ticketino).


Sonntag, 22. Oktober 2017 | daniela