The Libertines stürmten in den späten Neunzigern wie ein wütender Stier in einen müden Post-Britpop-Porzellanladen. Das pulsierende Herz der Band ist die Blutsbrüderschaft zwischen den kauzigen Peter Doherty und Carl Barat, die von John Hassall (Bass) und Gary Powell (Schlagzeug) unterstützt werden. Kein Buchmacher, der etwas auf sich hält, hätte angesichts des Lebensstils, den die Libertines gewählt haben, darauf gewettet, dass dieses Quartett mehr als ein oder zwei Monate überlebt. Aber zwei Jahrzehnte später sind sie immer noch da und machen Musik, die genauso vital ist wie ihr Debüt. Mit «Up The Bracket» (2002) und «The Libertines» (2004) - beide produziert bei Mick Jones von The Clash - veröffentlichte die Band zwei wegweisende Alben, welche die Genialität und verruchte Poesie des Lyrik-Zweiergespanns Doherty und Barât offenbarten. Doch kurz nach der Veröffentlichung des zweiten Albums folgte Ende 2004 aufgrund von Dohertys unzähmbarer Drogensucht und Spannungen zwischen den beiden Frontmännern die vorübergehende Auflösung der zur Legende gereiften Band.
Die Musiker widmeten sich Nebenprojekten: Peter Doherty - Babyshambles; Carl Barat & Gary Powell - Dirty Pretty Things; und John Hassall - Yeti. 2010 folgten mehrere Reunion-Shows und ein grosser Gig im Londoner Hyde Park im April 2014. Der Erfolg dieser Auftritte führte zu weiteren Konzerten, die in Rekordzeit ausverkauft waren. Das dritte Studioalbum mit dem Titel «Anthems For Doomed Youth» erschien 2015.
Ihr letztes Konzert in Zürich spielten The Libertines Ende 2022 im X-Tra. Damals brachten sie ihre Fans anlässlich ihrer 20-Jahre-Jubiläumstour zu «Up The Bracket» in Ekstase. Früher musste man sich Sorgen machen, ob und in welchem Zustand Doherty die Bühne betritt. Auch er ist älter, weiser und glücklicher geworden. Seelenfrieden haben die Musiker in ihren neuen Heimatorten in Frankreich, Dänemark, Margate und London gefunden. «All Quiet On The Eastern Esplanade», die erste Veröffentlichung seit neun Jahren ist das Resultat einer nie dagewesenen internen Bindung. Das Quartett strebt nach neuen kreativen Höhen und schafft mit Songs wie «Run, Run Run», «Oh Shit» oder «Night Of The Hunter» neue Hits, die so unverkrampft klingen, als wären sie schon immer da gewesen.